Datum: 14.06.2025
Preis: 10,00 €
Einlass ab 9.00 Uhr
9.25 Uhr Kurze Eröffnung des TIL-Tags 2025 durch Dr. Ralf Vogt
9.30 – 10.10 Uhr Arya Petzold
"Willkommen auf meinem Kanal! " - Traumatisierung und Traumafolgestörungen bei Kinderinfluencern.
Ein Netzphänomen der letzten Jahre sind: Influencer. Der Vortrag wird sich im Besonderen den Kinder-Influencern widmen. Also den Kindern, die selbst, als Person des öffentlichen Lebens, Inhalte und Werbung online präsentieren, aber auch jenen, deren Eltern Influencer sind, und ihre Kinder in ihrem Content regelmäßig stattfinden lassen.
Die Möglichkeit viel Öffentlichkeit und wirtschaftliche Gewinne zur erlangen, macht Social Media zu einem Sammelbecken von "Vlogs" aus dem Schwimmbad oder "Roomtours" durch das Kinderzimmer bis hin zu in (un-)gekennzeichneter Werbung, präsentiert von Kleinkindern. Während es in Film- und Fernsehproduktionen konkrete Vorgaben zur Arbeit von und mit Kindern gibt, sind ist in den sozialen Medien den Eltern überlassen was, wann, wo und wie das Kind gefilmt wird und welche Inhalte und persönliche Daten im Netz landen.
An Beispielen wird gezeigt unter welchen Umständen Kinder aufwachsen, die als Werbekörper den milliardenfach genutzten sozialen Medien, zu kleinen Berühmtheiten werden, und welche Traumafolge-Symptomatik sich daraus ergeben kann.
Vita:
Arya Petzold ist staatlich anerkannte und berufserfahrene Erzieherin.
Absolviert derzeit die Traumafachberater-Fortbildung nach dem SPIM30-Konzept am Trauma Institut Leipzig.
Stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Psychotraumazentrum Leipzig e.V. Berät dort ehrenamtlich Kinder und Erwachsene mit Traumafolgestörungen und daraus resultierenden Alltagsbewältigungsproblemen.
Beschäftigt sich u.a. mit dem Internet als Massenphänomen sowie Kinderschutz, Mediensucht und Traumatisierung in und durch soziale Medien.
Literatur:
Vogt, R. (Hrsg.) (2018). Verleumdung und Verrat. Dissoziative Störungen bei schwer traumatisierten Menschen als Folge von Vertrauensbrüchen. Kröning: Asanger.
Schmitt, W.M.; Nymoen, O. (2021). Influencer. Die Ideologie der Werbekörper. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Joe, A. mit Winkler, S. (2022). Falsche Vorbilder: Wie Influencer unsere Kinder Manipulieren. München: Yes Publishing.
10 Minuten Pause
10.20 – 10.50 Uhr Dr. rer. nat., DP Ralf Vogt
Transgenerationale Gewalt als Hindernis für verantwortliche Individuation
Transgenerationale Gewaltweitergabe ist bei der analytischen Traumaarbeit bei Psychotherapiepatient*innen sehr oft eine wesentliche Determinante der seelischen Störung im Individuum. Unbehandelte Psychotraumata entwickeln neben allgemein depressiven, selbstzerstörerischen Gefühls- und Verhaltensaspekten zunehmend – im Langzeitprozess – fremdzerstörerische Täteraspekte in Form interaktiver seelischer und körperlicher Grenzüberschreitungen beim Anderen. Diese psychodynamisch belastenden Verhaltensweisen werden in einer Variationsbreite von emotionaler Nötigung mit psychisch aussaugenden Kräften bis hin zu purer körperlich-sexueller Zerstörung des autonomen Lebens anderer wirksam. Das heißt, die Individuation des Einzelnen wird durch Großschadensereignisse immer in Mitleidenschaft gezogen. Posttraumatische Flashbacksymptome mögen im Laufe von Jahrzehnten z.B. als Depressionen und Angstzustände „untertauchen“ – die Täterintrojekte steigen aber aus Elend und Gewalt drängend auf und durchkreuzen unsere Sehnsucht nach einem friedlichen Miteinander nachhaltig.
Vita:
Dr. rer. nat., Dipl.-Psych. Ralf Vogt, ist Psychoanalytiker, Psychotraumatologe, Psychohistoriker in freier Praxis seit 1992. Er besitzt 8-jährige klinische Erfahrungen aus der Akutpsychiatrie und ist in seiner Profession auch analytischer Körperpsychotherapeut, systemischer Familientherapeut sowie Behandler für Imaginative Psychotherapie. Im Bereich von komplextraumatisierten Patienten arbeitet er seit ca. 30 Jahren und hat seit dem Jahr 2000 ein eigenes Behandlungsprogramm für dissoziative Störungen (SPIM-20-KT, später SPIM 30). Herr und Frau Vogt bilden im Trauma-Institut-Leipzig seit 2002 Psychotraumatherapeuten und Fachberater im SPIM 30-Verfahren aus, wozu es zwischenzeitlich 12 Fachbücher mit Forschungsergebnissen gibt. (www.traumainstitutleipzig.de).
Dr. Vogt ist Past-Boardmember der ISSTD – International Society for the Study of Trauma and Dissociation (Fellow Award – 2011 und C. Wilbur Award 2017 für besondere theoretische und praktische Beiträge im Fachgebiet) und derzeit aktives Mitglied in der ISSTD, ESTD, DeGPT, GPPP und DGK.
Das Trauma-Institut-Leipzig organisiert internationale Traumatagungen seit 2007.
Literatur:
Vogt, R. (Hrsg.) (2024). Transgenerationale Gewalt. Weshalb unbehandelte Traumata in familiäre Tyrannei und sozialen Extremismus münden können. Berlin: Lehmanns Media.
20 Minuten Kaffeepause (10.50 – 11.10 Uhr)
11.10 – 11.50 Uhr HP Psych. Annika Camiruaga Saavedra
Fallbericht einer psychotraumatherapeutischen Beratung in der Ergotherapie
Der Vortrag beschreibt einen Fallbericht aus der traumaorientierten Ergotherapie. Der sexuell traumatisierte Patient litt unter schweren sozialen Selbstversorgungsdefiziten, depressiven Einbrüchen mit Antriebsminderungen, sozialen Kontaktängsten und einer Reihe von dissoziativen Depersonalisationserscheinungen des Körpers mit Sensibilitäts- und Empfindungsstörungen. Außerdem hatte er größere Ausfälle im Gedächtnis infolge dissoziativer Amnesien.
Gerade durch körperorientierte Kontaktsettings, dialogische Rollenstrukturinterventionen und Anteilearbeit aus dem SPIM 30-Modell gelang es bei diesem sehr erschlossenen Patienten Zugänge für eine Öffnung der blockierten mentalen und seelischen Strukturen schrittweise herzustellen und die hohe Dissoziativität zu erden.
Dadurch konnten sich letztlich auch wichtige Traumaerinnerungen wieder einstellen und für den Klienten essentielle Narrative für sein erlittenes Leid finden, was letztlich auch die dissoziativen Taubheits- und Entfremdungsgefühle erfolgreich überwinden half. Der Vortrag schildert dazu interessante und wichtige therapeutische Episoden.
Vita:
Annika Camiruaga Saavedra ist seit 2011 staatlich anerkannte Ergotherapeutin und hat sich im Verlauf ihrer beruflichen Laufbahn auf die körper- und wahrnehmungsorientierte Traumaarbeit im ergotherapeutischen Setting spezialisiert. Sie leitet den psychiatrischen Bereich in einer Praxis für Ergotherapie und Neurofeedback in Hannover und ist dort zusätzlich als Neurofeedback- und Klettertherapeutin tätig.
Ausbildung zur Traumapsychotherapeutin im Trauma Institut Leipzig.
Literatur:
Fiedler, P. (2013). Dissoziative Störungen. Stuttgart: Hogrefe.
Nijenhuis, E. (2014). Der widersprüchliche und inkompatible Wille bei Trauma. In: Vogt, Ralf (Hrsg.): Verleumdung und Verrat. Kröning: Asanger.
Schwartz, H. (2002): Behandlung und Transformation von Täteridentifizierten States bei dissoziativen Patienten- Eine Alchemie von Wölfen und Schafen. In: Vogt, Ralf (Hrsg.): Täterintrojekte. Kröning: Asanger.
Vogt, R. (2014). Verleumdung und Verrat. Kröning: Asanger.
Vogt, R. (2018). Das traumatisierte Gedächtnis – Schutz und Widerstand. Berlin: Lehmanns Media.
Vogt, R. (2020). Scham und Schuld bei traumatisierten Menschen. Berlin: Lehmanns Media.
11.50 Uhr Zusammenfassende Diskussion
12.00 Uhr Ende